Arcaderacer mit Macken

Arcaderacer mit Macken
Es ist mal wieder soweit: Wir haben uns selbst den Aufwand ehrlicher, harter Arbeit gespart und stattdessen lieber einen unbezahlten Enthusiasten ran gelassen. Praktisch so, wie das alle die anderen Online-Magazine machen, nur dass sie offiziell behaupten, diese nur mit dem Testmuster entlöhnten Menschen seien "Redakteure". Angetreten ist euer Mit-Krawaller Helge,[link widoczny dla zalogowanych], der sich den neuesten Teil von Codemasters durchaus renommierter Rennserie "Colin McRae: Dirt" vorgeknöpft hat. Sein Urteil lässt jedoch befürchten,[link widoczny dla zalogowanych], dass der Lack langsam ab ist und "Dirt" Gefahr läuft,[link widoczny dla zalogowanych], böse Witze über die Doppeldeutigkeit seines Namens zu ertragen.
Dirt: Showdown
Nach dem Starten von Dirt: Showdown, wie der neunte Ableger der einmal als „Colin McRae Rally" gestarteten Serie heißt,[link widoczny dla zalogowanych], bleibt nur eine kurze, letzte, Atempause. Die Entwicklerlogos laufen über den Schirm, kurz darauf setzt das Intro ein und ab hier gibt es in Sachen Inszenierung nur noch auf die Fresse. Die Beats knallen aus den Boxen und lassen mich spontan die Stereoanlage leiser drehen. Sobald das Hauptmenü erreicht ist,[link widoczny dla zalogowanych], brüllt mich eine Art Stadionsprecher zur Begrüßung an wie der Gunnery Sergeant die Marines in Full Metal Jacket. Sind Sie vielleicht John Wayne? Oder bin ich das?
Vergebliche Suche
Das Hauptmenü türmt sich dann folgerichtig inmitten einer Arena auf und bietet die klassischen Wahlmöglichkeiten Karriere, freies Rennen und Multiplayer. Eine Rallye-Weltmeisterschaft oder Ähnliches sucht man vergeblich: Das neue Dirt hat mit den vorhergehenden Teilen außer dem Namen nicht mehr viel gemein. So fällt alles, was mit Etappen, Wertungsprüfungen oder kurz: Rallye allgemein zu tun hat komplett weg. Wahrscheinlich zu uncool. Was nämlich gleich auffällt, ist, mit welcher Konsequenz die Entwickler versucht haben, ihr Spiel cool zu machen. Und wenn man ehrlich ist, sind Rallyes ja ziemlich uncool: Eher ältere Herren fahren ohne direkte Gegner über festgelegte Strecken gegen die Zeit, während ihr Beifahrer ihnen unverständliche Sachen aus einem Buch vorliest. Viel nerdiger kann Motorsport nicht sein.
Gegenpol
Als Gegenpol dazu sieht sich Ken Block, seines Zeichens Meister der Sportart „Gymkhana". Stets mit Sonnenbrille,[link widoczny dla zalogowanych], Basecap und Sneakern der selbst gegründeten Marke DC Shoes unterwegs, sieht er gleich deutlich anders aus als der typische Rallyefahrer. Auch mit Sport hat sein Gymkhana wenig zu tun: Das Ziel besteht darin, möglichst spektakulär um verschiedene Hindernisse zu fahren und, im Fall von Ken Block, später ein Video mit einer Aneinanderreihung von Drifts,[link widoczny dla zalogowanych], Explosionen und schnellen Schnitten auf Youtube zu veröffentlichen.
Für Enthusiasten, die "Dude" sagen
Als Zielgruppe dürfen hier statt Motorsport-Enthusiasten Leute gesehen werden,[link widoczny dla zalogowanych], die „dude" sagen und in ihrer Freizeit Besseres zu tun haben, als sich mit Telemetriedaten oder dem WRC-Regelwerk auseinanderzusetzen.
Unser Leser Helge hat sich für euch ausführlich mit 'Dirt Showdown' auseinander gesetzt. Seine Begeisterung hält sich in Grenzen,[link widoczny dla zalogowanych].
Genau in diese Kerbe möchte auch Dirt: Showdown gerne schlagen und biedert sich dieser Zielgruppe geradezu an. Die Partnerschaft mit Ken Block ist da nur konsequent. Neben verschiedenen Varianten von Rundkursrennen und Destruction Derby-Events gibt es also,[link widoczny dla zalogowanych], wie schon im Vorgänger, immer wieder Gymkhana-Kurse. Dies klingt solide, jedoch wäre hier viel mehr möglich. Da Showdown ein reinrassiger Arcade-Racer ist, wären auch ausgefallenere Aufgaben wie zum Beispiel in Flatout 2 schön gewesen. Vielleicht hätte man ja nicht gerade Ken Block auf eine Zielscheibe schießen wollen, aber so etwas wie Auto-Bowling einzubauen kann ja nicht so schwer sein. Die normalen Rennen werden zudem relativ schnell langweilig, was neben den sich wiederholenden Kursen vor allem an der extremen Gummiband-KI liegt. Wer in Führung liegend perfekte Runden fährt,[link widoczny dla zalogowanych], hat seinen ärgsten Kontrahenten immer wenige Sekundenbruchteile hinter sich.
Wenn man sich hingegen Zeit lässt, benehmen sich auch die führenden KI-Fahrer eher so, als würde vorneweg das Safety Car fahren. Hierdurch geht ein großer Teil der Motivation flöten; wie in einem fairen Wettkampf fühlt sich der Spieler nicht. Dies folgt einem der Mantras von Casualgames - der Spieler wird nicht dafür bestraft, dass er das Spiel nicht beherrscht.
Gummiband
Nun ist Gummiband-KI in einem Rennspiel ja nichts Neues. In Dirt: Showdown wird dies jedoch zu ausschweifend betrieben. So sehr, dass dadurch zum Beispiel auch die Fahrzeugwahl obsolet wird. Fahre ich ein langsameres Auto, sind ja schließlich auch meine Gegner langsamer. Im Umkehrschluss bringen auch schnellere Karren, Upgrades oder der genretypisch verfügbare Nitro-Boost kaum einen Vorteil, weil die Gegner mitskalieren.
Zu Casual: In 'Dirt Showdown' wird der Spieler mit Samthandschuhen angefasst, was viele Teile des Spiels zu sehr weichspült.
Was das für ein Spiel bedeutet,[link widoczny dla zalogowanych], konnte man zum Beispiel an den mitlevelnden Monstern in The Elder Scrolls: Oblivion sehen - welches die Verantwortlichen bei Codemasters wohl nicht gespielt haben. Apropos Autos: Der Großteil der Fahrzeuge im Spiel besteht aus unlizenzierten Fantasieautos, lediglich bei den Gymkhana-Events gibt es eine Handvoll Autos mit realen Vorbildern wie zum Beispiel Ken Blocks aufgepumpten Ford Fiesta. Nun würde man erwarten,[link widoczny dla zalogowanych], dass Codemasters sich dank der unlizenzierten Boliden beim Schadensmodell so richtig austoben konnte. Auch hier wartet jedoch eine Enttäuschung, die Zerstörungen an den Autos sind bestenfalls Durchschnitt. Wer schön anzusehendes kaltverformtes Blech sehen möchte muss weiter Burnout: Paradise spielen.
Sie halten uns für minderbemittelt
Zudem erschreckt immer wieder, für wie minderbemittelt die Entwickler ihre Spieler halten. Informationen über gefahrene Runden, Platzierungen, Überholvorgänge und so vieles mehr brüllt einem der omnipräsente Stadionsprecher ins Ohr. Selbst von den Anzeigen ablesen wäre vielleicht auch zu viel verlangt.
Richtige Erklärungen oder Tutorials gibt es im Spiel nicht, die wenigen Dinge, die man wissen muss,[link widoczny dla zalogowanych], werden in „Call of Duty"-Manier eingeblendet, wenn sie genutzt werden sollen bzw. man mal wieder vergessen haben sollte,[link widoczny dla zalogowanych], dass die Handbremse auf der B-Taste liegt.
Nicht zuletzt ist dann leider auch der wichtigste Aspekt eines Rennspiels völlig missraten: das Fahrgefühl. Natürlich erwarte ich bei einem solchen Spiel kein rFactor. Wichtig ist für das Gamedesign eines Arcade-Racers, dass die Steuerung leicht zu erlernen ist, aber trotzdem den glaubwürdigen Eindruck hinterlässt, der Spieler steuere ein echtes Auto. Gerade bei einem Gymkhana-Event kann ich mich schließlich nur dann als Held am Volant fühlen, wenn ich mir zumindest ein klein wenig die Illusion erhalten kann, gerade eine vergleichbare Leistung wie Ken Block in seinen Videos zu vollbringen. Wie diese Illusion erfolgreich geschaffen werden kann, hat Codemasters selber schon oft zeigen können. So waren die Drift-Events in Race Driver: Grid eine schöne Herausforderung, in der zumindest ein paar Elemente realistischer Fahrzeugkontrolle untergebracht waren. Nur im Zusammenspiel zwischen Gas, Bremse, der Lenkung und punktuellem Einsatz der Handbremse konnten präzise Drifts auf den Asphalt gebrannt werden. Letzlich blieb es ein schnell erlernbares Arcade-Spiel. Die Freude, das erste Mal fehlerfrei einen Driftkurs zu absolvieren, war trotzdem enorm.
Genau das Gegenteil hiervon kann in Dirt: Showdown beobachtet werden. Wer hier versucht, auf eine realitätsnahe Weise an die Drifts heranzugehen wird hart bestraft. Ein Aufschaukeln des Fahrzeuges durch einen scandinavian flic ist nicht möglich, das Auto fährt wie auf Schienen den Lenkbewegungen nach. Auch durch eine Kombination aus Gas wegnehmen, Einlenken und Gas geben lassen sich die Drift-Fahrzeuge nicht aus der Ruhe bringen. Die gewünschte Technik ist so banal, dass es fast schon frech ist: Mit Vollgas in die Kurve einlenken, dabei kurz die Handbremse ziehen und voilà-von nun an legt das Fahrzeug einen herrlichen Drift hin, ohne dass der Spieler einen großen Anteil daran hätte. Dementsprechend klein fällt auch das Erfolgsgefühl aus.
Was bleibt, ist die zu Beginn angesprochene Inszenierung. Der Soundtrack ist durchgehend hochwertig und deckt mit Electro, Hip Hop und Rock inkl. Subgenres viele Geschmacksrichtungen ab. Die Grafik ist zwar arg farbenfroh geraten, aber doch recht ansehnlich - für ein gutes Spiel reicht das aber leider nicht.
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